Ubi Erat Lupa

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Die Stellung der Frau bei den einheimischen Stämmen Nordpannoniens. Eine sozial- und kunstgeschichtliche Studie

HARL Ortolf, Budapest Régiségei 30, 1993 (Festschrift für Klára Póczy) 7–37

Die Studie sollte eine Vorarbeit für ein zusammenfassendes Werk sein, mit dem ich die Publikation von Arnold Schober, die römischen Grabsteine von Noricum und Pannonien (Wien 1923) ersetzen wollte. Da ich bereits zu Beginn der 1990er Jahre die Chancen der elektronischen Datenverarbeitung nutzte, ist statt eines umfangreichen Buches zuerst eine Datenbank und aus dieser eine Website entstanden, die mit der Unterstützung des genialen Kurt Schaller (1957–2012) unter dem Titel "ubi-erat-lupa – Die Internetfährte der Römischen Wölfin" im Februar 2002 online ging. Die Studie kann also noch keinen Bezug nehmen auf lupa. Um dennoch die behandelten Denkmäler leicht aufrufen zu können, habe ich die lupa-IDs nachträglich ins pdf eingefügt.
Inzwischen sind dreißig Jahre vergangen, in denen sich meine Materialkenntnis beträchtlich erweitert und vertieft hat. Bis auf eine einzige Ausnahme hat sich mein Bild von den Frauen nicht verändert.
Die Ausnahme betrifft den Typus „Thronende Frau im Reliefbild“ ((S. 25), der aus meiner Sicht das Bildschema jener sitzenden Frau ins Provinzielle abwandelt, die auf den sog. Heroen- bzw. Totenmahlreliefs dargestellt ist. Dort wendet sie sich der Hauptperson, dem männlichen Verstorbenen zu, ist also im Profil dargestellt. Frauen der nordpannonischen Stämme, die aus Selbstbewusstsein – so meine ich – nicht als Nebenfigur, sondern als Hauptperson dargestellt sein wollten, beanspruchten einen eigenen Grabstein. Ihrem Bildverständnis folgend musste die für Grabsteine unübliche Profilansicht in eine Frontalansicht umgewandelt werden. Gedreht wurde aber nur der Oberkörper, mit dem Vorteil, dass der meist reich verzierte "Thron" seine Seitenansicht behalten konnte.
Die Frage, warum im Azaler- und Eraviskergebiet nicht wenige Frauen mit Filiation, also Frauen der Oberschicht, anikone Grabsteine erhielten, hat sich auch nach dreißig Jahren nicht beantwortet. Nicht widersprochen wurde meiner Ansicht, dass die Comatumara, die Tochter eines Vanius und ihre Mutter Usia in einem bisher unbekannten Reitdress auf ihren Lieblingspferden reiten www.lupa.at/722. Darf man annehmen, dass Vanius ein Vannius war und dass wir hier weibliche Nachkommen des bei Tac. Ann. 2.63.1 genannten Quadenkönigs Vannius vor uns haben ?

Ortolf Harl, April 2022

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